Ich reiche dir die Hand

Wann hast du zuletzt jemandem die Hand zur Begrüssung gereicht?

In unseren Breitengraden ist es ein Zeichen von Anstand, Höflichkeit und hoffentlich auch Respekt, sich zur Begrüssung die Hand zu reichen. Es ist ein Ritual, das uns in Fleisch und Blut übergegangen ist und das wir seit einiger Zeit nicht mehr leben dürfen/sollen.

In den vergangenen Tagen habe ich erlebt, wie sehr diese Begrüssungsritual des Händeschüttelns den Menschen fehlt. Ich reichte jemandem instinktiv die Hand … und … sie wurde freudig ergriffen! Im nachfolgenden Gespräch zeigte sich, wie sehr diese Geste fehlt und wie sie auf einmal an Bedeutung gewonnen hat. Früher eine Selbstverständlichkeit, heute eine wahre Freude.

Dieses Erlebnis löste in mir Gedanken aus, was unsere Hände für uns bedeuten und jeden Tag in einer Selbstverständlichkeit vollbringen. Hinzu kam, dass am Tag nach dieser Gedankenniederschrift mein Vater aufgrund eines Gichtschubes seine Hände nicht mehr einsetzen konnte, kein Glas heben zum Trinken, keine Seite umblättern zum Lesen usw.

Hände

leg die Hände in den Schoss, gönne ihnen etwas Ruhe

tagein, tagaus vollbringen sie Gutes für dich

sie geben, sie nehmen

sie liebkosen, streicheln, trösten

sie gestikulieren, unterstreichen, winken ab und hin

sie erfassen, ertasten, erkunden, erfahren, ergreifen

sie waschen, putzen, kochen, wischen

sie ziehen an und aus, binden Schnürsenkel, schliessen Knöpfe und öffnen Reissverschlüsse

sie drücken, ziehen, stossen, schliessen auf und zu, setzen Grenzen

sie malen, streichen, basteln, schreinern und stricken

sie schreiben – mal schön, mal weniger schön – sie hasten über die Tasten

sie zeigen, deuten, richtungsweisend – mal richtig, mal falsch

sie grüssen, winken, wedeln

sie teilen, zerkleinern, portionieren und füttern

sie heben, tragen, stemmen

sie helfen, unterstützen, reichen die Hand

immer in Bewegung, nie zur Ruhe kommend

ein Geschenk – selbstverständlich, und ebenso genutzt, jeden Tag

14.4.2021/kc

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