Herz und Verstand im Dialog

Herz und Verstand Hand in Hand

Ein wundervoller Text von einem morgenlichen Gespräch zwischen Herz und Verstand, geschrieben von Sven Spiess, TFO The Family Office AG, Zürich.

 

„Vor allem aber behüte Dein Herz, denn dein Herz beeinflusst dein ganzes Leben.“ Sprüche 4,23

Welches unserer «Organe» kann denn vor Freude zerspringen, vor Gram brechen und soll am rechten Fleck getragen werden?
Kann man an einem gebrochenen Herzen sterben?
Und ist das Herz erst gebrochen, die Seele entwichen, ist das Feuer erloschen. Auch wenn es noch pocht.
Die alten Aegypter legten einzig das Herz in die Mumie. Denn es sei der Sitz der Seele.
Und im Alltag? Wie mag das wohl sein? Wie begegnen sie sich?
Ich schaute in mich, ganz still. Lauschte den beiden, hörte zu:

Frühmorgens, 06:15, der Wecker klingelt…

Hirn: Guten Morgen Herz, alles klar bei Dir?

Herz: Bestens, danke! Wieder einmal nicht geschlafen, aber das ist halt Teil meines Jobs. Und Du?Hirn: Habe sehr gut geschlafen, die Ruhe und Stille genossen und auch frei geträumt! Danke liebes Herz hast Du so gut aufgepasst, bist Du so zuverlässig, so arbeitsam. Bist ein guter Arbeiter!

Herz: Na ja, als reinen Arbeiter würde ich mich schon nicht betrachten. Dafür ist mein Beitrag zu wichtig!

Hirn: Jetzt übertreib mal nicht. Auf meinen Befehl hin wälzt Du das Blut um. Ein unablässiges Zucken Deiner Muskeln. Das ist Dein Tun. Ich hingegen, trage die ganze Verantwortung, steuere die kleinsten Prozesse, reagiere auf Eindringlinge, agiere bei Schmerz und vor allem, ich kann denken, erfinden und bringe uns alle voran!

Herz: Und wenn Du denkst, woher nimmst Du die Farben? Und wenn Du erfindest, welche Wünsche leiten Dich? Woher stammen sie? Wenn nicht von mir?

Hirn: Wünsche, Gedanken, Empfindungen, alles weiss ich doch bei mir!

Herz: Eben. Du weisst, … ich aber fühl.

Hirn: Ich bin wie die Sonne! Ich leuchte, lass die Menschen sehen, bring Wärme, lass wachsen, lass lieben, bin die Quelle!

Herz:
Und bist Du die Sonne, so bin ich der Mond.

Ja, du lässt es wachsen! Ich sorg für die Ruh.
Du blendest mit Deinem Antlitz! Ich erzähl Geschichten.
Du stachelst an! Ich lasse sein.
Du eroberst! Ich hege.
Du bist die Leidenschaft! Und ich die Liebe.
Du bist die Logik! Ich fühle mit.
Du bist Yang! Und ich Yin.
Du bist die Sonne und ich der Mond.
Du bist der Mann und ich die Frau.

Hirn: Ich bin verwirrt. Was Du sagst berührt… irgendwie. Zu welchem Wissen soll ich es tun?

Herz: Mein liebes Hirn, mein lieber Mann, mein lieber Freund. Nicht zum Wissen sollst Du es tun! Sondern zu Deiner Seele! Zu mir.
Hab Vertrauen in das, was Du nicht verstehst. Hab Vertrauen in das, was Du fühlst. Hab Vertrauen in uns.

Hirn: Was belehrst Du mich? Das Hirn bin doch ich!

Herz: Ich belehr Dich nicht. Ich führ Dich hin. Hab Vertrauen geliebter Freund! Ich kann nicht ohne Dich, wie auch Du nicht kannst ohne mich.

Hirn: Aber… sogar verpflanzen kann man Dich! Das geht! Mich aber noch nicht. Ich bin nicht ersetzbar!

Herz: Vielleicht weil Dir die Grösse dazu fehlt? Ja, mich kann man neu «anschliessen», neu verdrahten, meine Pflichten leist ich getreu! Auch in einem anderen Menschen. Denn auch dessen Gehirn funktioniert nicht ohne Herz. Getreu bin ich und zur Liebe fähig. Kein Stolz behindert mich, kein Wissen beschränkt mein Fühlen.

Hirn: Ich fühl mich so gross und doch so klein. Gross wenn ich Deine Anwesenheit spür, klein wenn ich allein mich seh.

Herz: Weisst Du, mir geht es genauso. Was soll mein Tun, wo wär der Sinn? Wo wär der Sinn wär ich allein? Niemanden dem ich treu sein könnte, niemandem den ich fühlen lassen kann, niemanden dem ich die Nacht versüss, niemanden über den ich wachen kann.
Aber sorg Dich nicht, wir sind beisammen in dieser Welt. Und werde ich eines Tages müd, dann gehen wir gemeinsam, Hand in Hand, voran.
Aber dahin ist es noch ein langer Weg, viel Zeit verbleibt uns noch! Lass uns unsere Zeit nutzen. Lass uns Freude haben an unserer Zweisamkeit. Lass uns lernen von uns.
Sei Du mein Spiegel und Deiner sei ich.

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Sven Spiess
Juni 2018